Wie Geflüchtete in Slowenien für ihre Rechte kämpfen

Über eine der innereuropäischen Grenzen nach Slowenien zu kommen, ist für Menschen auf der Flucht zurzeit nicht schwer, berichtet Zana Fabjan Blažič. Noch leichter sei es, das Land wieder zu verlassen. Zu bleiben und sich ein Leben in Slowenien aufzubauen, das werde Asylsuchenden jedoch erschwert. Zana Fabjan Blažič ist Anthropologin und seit 2015 Teil der Gruppe “Ambasada Rog”, die damals von der Hauptstadt Ljubljana aus Flüchtende auf der Balkanroute unterstützt hat. Heute organisieren sich bei Ambasada Rog vor allem Asylsuchende und Migrant*innen, die sich für ihre Rechte einsetzen.

Jahrelanger Kampf um Bleiberecht macht krank

Einer der bekanntesten Fälle ist der von Ahmad Shamieh. Jelka Zorn, Dozentin für Soziale Arbeit an der Universität Ljubljana, berichtet in einem Paper darüber. Shamieh ist demnach 2016 vor dem Krieg in Syrien geflohen und über die Balkanroute nach Slowenien gekommen, wo er internationalen Schutz beantragt hat. Vom Asylbewerberzentrum in Ljubljana aus habe er schnell begonnen, sich zu integrieren und Anschluss an Ambasada Rog gefunden.

Im Juni 2016 lehnte Slowenien Shamieh ab. Weil er über Kroatien eingereist war, sollte er laut Dublin-Regel dorthin abgeschoben werden. Er wehrte sich, unterstützt von Ambasada Rog. Letztendlich mit Erfolg: Shamieh wurde und wird nicht nach Kroatien abgeschoben, schreibt Jelka Zorn. Bis dahin sei es jedoch ein zweieinhalb Jahre langer Kampf gewesen. Erst nach fünf Jahren habe Shamieh seine Familie aus Syrien zu sich holen können.

Jahrelang um sein Leben in Slowenien kämpfen zu müssen, hat Zorn zufolge Shamiehs Gesundheit extrem beeinträchtigt. Er habe einen Nervenzusammenbruch erlitten und nach und nach seine Zähne verloren. Das bestätigt Zana Fabjan Blažič, die über Ambasada Rog Kontakt zu Shamieh hat: “Er kam gesund hierher, dann hat das System ihn krank gemacht.” Auch bei anderen Asylsuchenden sei zu beobachten, dass sich ihre Gesundheit durch den zum Teil jahrelang andauernden Stress verschlechtere.

Zana Fabjan Blažič: Selbstorganisation ist effektiv

Um etwas daran zu ändern, treffen sich laut Fabjan Blažič jede Woche rund 50 bis 60 Mitglieder von Ambasada Rog. Sie sprechen über Probleme und organisieren Proteste und Kampagnen. Ihre derzeit größte Aufgabe sei, Dublin-Abschiebungen nach Kroatien zu verhindern. Denn viele Geflüchtete würden Slowenien nicht als Transitland betrachten, sondern bleiben wollen. Zudem drohten ihnen in Kroatien Gewalt und ein bürokratisches System, das ihnen kaum eine Chance auf Asyl biete.

In einzelnen Fällen, wie dem von Ahmad Shamieh, könne Ambasada Rog die Abschiebung verhindern. Zuletzt habe die Gruppe erstritten, dass Asylsuchende schon nach drei Monaten eine Arbeitserlaubnis bekommen sollen, nicht erst nach neun Monaten. Die Selbstorganisation und das Streiten um Rechte sei ermüdend, aber immer wieder effektiv. Darum mache Ambasada Rog weiter, erklärt Zana Fabjan Blažič: Solange, bis es politische Antworten gebe, bis alle, die eine Perspektive auf ein Leben in Slowenien haben wollen, diese auch bekommen.

>>> Wie geht die slowenische Gesellschaft mit der Situation um und welchen Einfluss hatte der EU-Beitritt Kroatiens auf die Abschiebepraxis des Landes? Mehr zur Situation von Geflüchteten in Slowenien und dem Protest gegen die Dublin-Abschiebungen erfährst du im Interview mit Zana Fabjan Blažič.

>>> In Ausgabe 25 haben wir ausführlich über die Lage an Europas Außengrenzen und insbesondere an den Grenzen Kroatiens berichtet. Du kannst sie hier nachlesen.

Schlagworte:

Lass uns gemeinsam den gesundheitlichen Auswir­kungen von Ungleichheit auf den Grund gehen.

Abonniere uns über Steady