Begleitetes Trinken: Darf’s noch ein Bier fürs Kind sein? | Upstream
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Takeaways

In dieser Ausgabe findest du

  • Grafik des Monats: Immer weniger Jugendliche trinken Alkohol
  • Medientipps: Diesmal mit einer Reise zur Insel Kos, einem Besuch bei der Tafel und einem Unterwasser-Spielplatz

Hallo!

Gut sieben Millionen Liter Bier sind dieses Jahr auf dem Oktoberfest über die Theke gegangen. Jeden Herbst sieht man in München, was die Statistik ohnehin zeigt: In Deutschland wird mehr Alkohol getrunken als in vielen anderen Ländern.

Für die legale Droge Alkohol gilt in Deutschland eine extra Regel für Jugendliche: das “begleitete Trinken”. So können schon 14-Jährige Bier, Wein oder Sekt trinken, wenn ihre Eltern dabei sind. Im Sommer gab es Diskussion um dieses Gesetz, denn Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will es abschaffen. Die Minister*innen vieler Länder stimmen Lauterbach zu. Gegenstimmen sagen, Eltern könnten ihren Kindern so gesunden Alkoholkonsum beibringen. Den gibt es Wissenschaftler*innen zufolge aber gar nicht.

Bis November sollen Expert*innen die Regel prüfen. Dann wird erneut debattiert – und das wohl nicht nur in der Bundespolitik, sondern auch am Glühweinstand. Na dann Prost.

Was denkst du darüber? Viel Spaß beim Lesen wünschen dir
Maren und Sören

P.S.: Das ist die zweite Kurz-Ausgabe mit aktuellen Infos, die du von uns bekommst. Gefällt dir das Format? Oder sollen wir etwas ändern? Lass es uns wissen!

Grafik des Monats

Immer weniger Jugendliche trinken Alkohol

Oktoberfest hin, Glühweinstand her: Statistiken wie der Alkoholatlas oder der Alkoholsurvey zeigen, dass der Alkoholkonsum in Deutschland rückläufig ist, vor allem bei Jugendlichen. Der Anteil der 12- bis 15-Jährigen, die schon mal Alkohol getrunken haben, hat sich demnach von 2001 bis 2021 etwa halbiert. Auch regelmäßiges und riskantes Trinken ist deutlich zurückgegangen.

So hat sich das Trinkverhalten von Jugendlichen in Deutschland verändert. Anteil der 12- bis 17-Jährigen, die schon mal Alkohol getrunken haben, 2001: 87 %, 2021: 57,5 %. Anteil der 12- bis 17-Jährigen, die angeben, mindestens einmal pro Woche Alkohol zu trinken, 2001: 17,9 %, 2021: 8,7 %. Anteil der 12- bis 17-Jährigen, die angeben, im vergangenen Monat bei mindestens einem Anlass 5 Gläser oder mehr getrunken zu haben, 2004: 26,3 % der Jungen und 18,8 % der Mädchen, 2021: 10,4 % der Jungen und 8,4 % der Mädchen.

Du willst dir die Daten genauer ansehen? Hier findest du interaktive Grafiken für die Lebenszeitprävalenz, das regelmäßige Trinken und das Rauschtrinken.

Mehr zum Thema Alkohol und Gesundheitspolitik

Wir haben uns bei Upstream mehrfach mit Alkohol und Drogenpolitik beschäftigt. Drei Empfehlungen findest du hier:

Medientipps

Was du sonst noch wissen solltest

Wie die Asylpolitik es Geflüchteten schwerer macht, Trauma aufzuarbeiten

2.10.2024, Anaïs Kaluza und Tom Kattwinkel/ZEIT ONLINE, 17 Minuten

“Ich habe einen jungen Patienten aus Afghanistan. Die Taliban haben ihn mit 13 zwangsrekrutiert, er sollte sich in die Luft sprengen”, berichtet Götz Mundle, Psychotherapeut und Leiter des Gesundheitszentrums für Geflüchtete in Berlin. Traumatische Berichte wie diesen hört er immer wieder. Er erlebt Patient*innen mit Angst, posttraumatischer Belastungsstörung oder Depression. Neben den Erfahrungen, die die Menschen mitbringen, seien vor allem Unsicherheit, fehlende Perspektive und drohende Abschiebung belastend, sagt Mundle.

Auf die Tafel angewiesen: “Immerhin – beim dritten Mal heule ich nicht mehr”

30.09.2024, Lisa Reim/taz, 7 Minuten

Als Alleinerziehende ist Lisa Reim berechtigt, Lebensmittel von der Tafel zu bekommen – und darauf angewiesen. Dort bekommt sie zum Teil das Essen, das sie für sich und ihre Kinder benötigt, erlebt allerdings auch Machtspiele und Demütigungen. Und sie muss sich darin üben, ungesunde Lebensmittel, Fertigprodukte, Süßigkeiten und zuckrige Getränke abzulehnen.

Amber Nicole Thurman, 28, Opfer der Abtreibungspolitik

20.09.2024, Julia Amalia Heyer/SPIEGEL, 7 Minuten

Amber Nicole Thurman könnte noch leben, wenn es im US-Bundesstaat Georgia kein Abtreibungsverbot geben würde. Das sagen Aktivist*innen, die sich gegen restriktive Abtreibungspolitik in den USA einsetzen. Thurman starb 2022 im Alter von 28 Jahren, nachdem Ärzt*innen einen eigentlich simplen Eingriff erst nach knapp einem Tag durchführten. Ihr Tod ist laut der Rechercheplattform Propublica der erste, der sich auf das Abtreibungsgesetz in Georgia zurückführen lässt. Die Abtreibungspolitik ist ein wichtiges Thema bei der aktuellen Präsidentschaftswahl.

Süchtig auf Rezept?

17.09.2024, ZDF frontal, 44 Minuten

Eigentlich sollen Opioide das Leid von Krebspatient*innen und Sterbenden lindern. Tatsächlich verschreiben Ärzt*innen sie oft bei chronischen Schmerzen oder nach Unfällen – obwohl sie nur bei einem Bruchteil der Patient*innen überhaupt anschlagen. Dafür können die Medikamente schnell süchtig machen. Eine Opioid-Krise wie in den USA droht in Deutschland aktuell nicht, doch auch hier zeigen sich schwere Folgen der Verbreitung. Warum Opioide trotzdem oft verabreicht werden und wie stark die Lobby dahinter ist, zeigt die internationale Recherche “World of Pain”, um die es in diesem Film geht.

Wenn du darüber lieber lesen als einen Film sehen willst, gibt es dazu beim ZDF die Artikel “Deutsche Millionen für US-Pharma-Dynastie” und “Droht eine deutsche Opioid-Krise?”

So kämpft ein Kinderarzt gegen den Ärztemangel auf dem Land

13.09.2024, Catherine Grim/NDR, 10 Minuten (Video, Text, Audio)

In Niedersachsen werden die Kinderärzt*innen rar, vor allem auf dem Land. Nicht so in Nordholz. Dort hat Michael Scheel vor gut einem Jahr seine Praxis eröffnet – und viel Mühe und Geld investiert, um Personal zu finden. “Mir war klar, dass der Kampf um Fachkräfte immer härter werden wird”, sagt Scheel. Doch offenbar ist er erfolgreich. Die große Praxis, die aussieht wie ein Unterwasser-Spielplatz, hat immer mehr Mitarbeitende und kann immer mehr Patient*innen aufnehmen.

Europas Wartesaal

10.09.2024, Marlene Brey/taz, 14 Minuten

Viele Geflüchtete, die über das Mittelmeer nach Griechenland kommen, landen auf der Insel Kos. Das Flüchtlingslager dort ist nicht darauf ausgelegt, dass Menschen lange bleiben. Und doch harren viele monate- oder sogar jahrelang aus, oder kommen wieder, weil ihr Status in eine aufenthaltsrechtliche Grauzone fällt. Nicht nur, wenn das Lager voll ist und an seine Grenzen gerät, sind die Lebensbedingungen und die Versorgung schlecht. Das Konzept, das als Vorbild für die europäische Asylpolitik gilt, lässt die Menschen im Stich.

Anhang

Rund um medizinische Themen sind Transparenz und Vertrauen wichtig. Darum haben wir in dieser Ausgabe alle Quellen direkt im Text verlinkt. Auf der Website findest du unser journalistisches Selbstverständnis festgehalten.

Quellen

  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Alkoholsurvey 2022. Online abrufbar.
  • Rummel, C., Lehner, B., Kepp, J. (2024): Daten, Zahlen und Fakten. In: DHS Jahrbuch Sucht 2024. S. 9-35. https://doi.org/10.2440/012-0002  
  • Schaller, K., Kahnert, S., Garcia-Verdugo, R., Treede, I., Graen, L., Ouédraogo, N. (2022): Alkoholatlas Deutschland 2022. Deutsches Krebsforschungszentrum. Heidelberg. Online abrufbar.