“Ich habe Angst davor, zum Arzt zu gehen”
In Deutschland herrscht ein Klima der Fettfeindlichkeit. Wie trägt die Medizin dazu bei und was ließe sich verändern? Das haben wir recherchiert und mit Natalie Rosenke besprochen.
Takeaways
Das erwartet Sie in dieser Ausgabe
- Interview: Gewichtsdiskriminierung hat nie etwas mit Gesundheit zu tun, sagt Natalie Rosenke.
- Schlaglichter: Übt die WHO Gewalt aus, wenn sie Übergewicht zur Krankheit erklärt? Wie geht gewichtsinklusive Gesundheitspolitik?
- Aktuelles: Unter anderem mit der Frage, warum wir selten von Männern mit Essstörung hören, einer Reise ins Gehirn und einer Recherche darüber, wie lange wir auf Therapieplätze warten müssen.
Warum wir Fettfeindlichkeit nicht hinnehmen sollten
“Ich habe Angst davor, zum Arzt zu gehen.“
Hallo!
So lange ich mich erinnern kann, bin ich fast immer das gewesen, was man “normalgewichtig” nennt. So lange ich mich erinnern kann, habe ich allerdings Angst davor, dass sich das ändert und ich zunehme. Als Jugendliche hat mir diese Angst eine miese Zeit beschert, in der nicht nur mein Gewicht an einem Tiefpunkt war, sondern auch mein Wohlbefinden. Heute habe ich seit gut zehn Jahren nicht mehr auf einer Waage gestanden. Die Angst ist trotzdem da. Sie ist leiser, wenn duftendes Essen vor mir steht, lauter, wenn ein Hosenknopf nicht so will wie ich.
Über die Jahre sind zwei Gedanken dazu gekommen. Einer ist sanft: Was wäre schlimm daran, zuzunehmen? Dann wäre mein Körper an ein paar Stellen größer und weicher. Der zweite Gedanke ist wütend: Wie viel scheiß Zeit verbringe ich damit, mich um mein Gewicht zu sorgen? Was könnte ich in dieser Zeit Gutes machen, denken oder fühlen?
Dabei genieße ich Thin Privilege, Vorteile eines relativ kleinen Körpers, der sich beispielsweise überall hinsetzen kann und in gängige Kleidergrößen passt. Obendrein bin ich Weiß und die leichte Kurzsichtigkeit ist keine Behinderung, wegen der ich diskriminiert werde. Das macht mir vieles leichter im Leben (und ist noch nicht mal die vollständige Liste).
So beliebig diese Privilegien scheinen: Sie nicht zu haben, bedeutet nicht nur, sich mal ein Kleidungsstück nicht kaufen zu können. In dieser Ausgabe zeige ich dir anhand von Studien, was es bedeutet, im Gesundheitssystem Gewichtsdiskriminierung zu erfahren. Ich spreche mit Natalie Rosenke darüber, wie solche Erfahrungen mit anderen Formen von Diskriminierung zusammenhängen, wie Betroffene sich dem widersetzen und wie es gelingt, sie zu unterstützen.
Viel Spaß beim Lesen und liebe Grüße,
Maren
P.S.: Du kennst Menschen, die sich für die Ungleichheit von Körpern interessieren oder die sich endlich mal mit dem Thema beschäftigen sollten? Leite ihnen doch diese E-Mail weiter. Dies ist die zweite Ausgabe unserer Reihe zu Körper, Gewicht und Ungleichheit. Hier kann man Upstream abonnieren.
Interview
“Es geht nicht darum, sich schützend vor dicke Menschen zu werfen, sondern um einen Schulterschluss auf Augenhöhe”
Als Vorsitzende der Gesellschaft gegen Gewichtsdiskriminierung setzt Natalie Rosenke sich für die Anerkennung von Gewichtsvielfalt ein. Sie sagt: Eine inklusive Gesellschaft wird erst durch einen neuen Blick auf Körper, Gewicht und Krankheit möglich.
Upstream: Frau Rosenke, wie äußert sich Gewichtsdiskriminierung?
Natalie Rosenke: Diskriminierung drückt sich in unterschiedlichen Formen aus, beispielsweise Beleidigungen. Weniger auf Anhieb sichtbar ist sie in der Arbeit. Bei der Entlohnung lässt sich ein Weight Pay Gap nachweisen, besonders bei Frauen. Das heißt, dicke Frauen verdienen weniger als ihre dünnen Kolleginnen. Schon zum Bewerbungsgespräch werden dicke Menschen nicht eingeladen, einfach aufgrund des Bewerbungsfotos. Und 98 Prozent der Personaler*innen trauen dicken Frauen keine prestigeträchtigen Berufe zu, wie Ärztin oder Architektin.
Inwiefern hängt Gewichtsdiskriminierung mit anderen Formen der Diskriminierung zusammen?
Rosenke: Diskriminierung hat immer auch eine individuelle Komponente, da ja bei uns allen ganz unterschiedliche Merkmale und Eigenschaften zusammenkommen. Dicke Schwarze Frauen sehen sich beispielsweise immer wieder Werbeanzeigen gegenüber, die an eine koloniale Ästhetik anknüpfen. Das ist zum Beispiel die Darstellung mit einem auf der Stirn zusammengeknoteten Tuch, wie sie Essen zubereiten oder präsentieren.
Inwiefern geht es dabei um Machtverhältnisse?
Rosenke: Bei Diskriminierung geht es immer um Machtverhältnisse. Es gibt eine ganze Reihe von Privilegien, die uns nicht bewusst sind. Wenn ich einen dünnen Körper habe, muss ich mich mit vielen Dingen nicht auseinandersetzen. Das, was wir als “normal” benennen, ist eine Selbstverständlichkeit. Die Produkt- und Dienstleistungswelt und vieles Weitere ist auf dieses "Normal" zugeschnitten. Mit einem dünnen Körper wird der Sitz im Flugzeug breit genug sein. Wenn mir diese Privilegien fehlen, habe ich erschwerten Zugang zu bestimmten Dingen.
Die Weltgesundheitsorganisation hat in den 1990er-Jahren Übergewicht als Krankheit definiert, sogar als Epidemie. Wie hat das die Debatte beeinflusst?
Rosenke: Das hat die Stigmatisierung des dicken Körpers stark befördert. Das Wording ist übernommen worden. Jetzt gibt es regelmäßig Berichte, die mit diesem Vokabular durch die Presse gehen. “Dicke Menschen als Epidemie: Der dicke Körper kommt über uns!” Das ruft dann immer wieder eine Welle von vermeintlichen Helfer*innen auf den Plan.
Wen meinen Sie mit “vermeintlichen Helfer*innen”?
Rosenke: In Sozialen Medien sind das Trolle, die sagen “Es geht um deine Gesundheit, ich will dir nur helfen.” Darum geht es aber nie. Bestimmten Druck, bestimmtes Verhalten würden wir einer Person gegenüber nie an den Tag legen, wenn wir tatsächlich an ihrer Gesundheit interessiert sind. Wenn es um Gesundheit ginge, müssten die Trolle ihr Trollsein beenden. Diskriminierung – und dazu zählen Mobbing und Beleidigungen – trägt nicht zur Gesundheit bei. Sie erzeugt nachweislich dauerhaften Stress, der die Gesundheit schädigt.
Was kann die Medizin besser machen?
Rosenke: Es macht keinen Sinn, Personen anhand einer Zahl auf der Waage für krank zu erklären. Krankheit wird zudem selten als Set an Bedarfen gelesen. Wenn wir die Bedürfnisse eines Menschen sehen würden, wären wir da, wo wir hin sollen in einer inklusiven Gesellschaft. Dicke Menschen machen sich oft ganz klein, wollen keine Belastung sein. Mit passenden Hilfsmitteln und Unterstützung für Pflegepersonal wären alle entlastet. Offenheit ist auch ein Thema: Wenn schon das Wartezimmer zugepflastert ist mit Abnehmprogrammen, wie kann ich da eine diagnoseoffene Untersuchung erwarten? Bei Krankheiten, die sich durch Bewegung oder Ernährung bessern, sollten Ärzt*innen diese Therapie anbieten, anstatt davon auszugehen, dass dicke Personen dafür nicht offen wären.
>>> “Ich könnte ewig weiter referieren”, hat Natalie Rosenke auf die Frage, was die Medizin besser machen könnte, geantwortet. Wo sie Lücken in der Forschungslandschaft sieht und wie sie den Schutz vor Gewichtsdiskriminierung gesetzlich verankern will, liest du im vollständigen Interview.
Schlaglichter
So fettfeindlich ist die Medizin
Die Weltgesundheitsorganisation spricht seit den 1990er Jahren von Übergewicht als Krankheit und “Epidemie”, die weltweit Menschen und Gesundheitssysteme bedrohe. Die Soziologin Jeannine A. Gailey bezeichnet das als Form symbolischer Gewalt, weil automatisch die Annahme besteht, dass dicke Menschen nicht gesund seien – auch dann, wenn es keinerlei Anzeichen von Krankheiten gibt. Dicksein werde sowohl als medizinisches als auch als gesellschaftliches Problem aufgefasst.
Der Begriff der symbolischen Gewalt geht auf den Soziologen Pierre Bourdieu zurück. Diese Gewalt ist kein körperlichen Schlag oder Tritt, sondern eine Form der Unterdrückung. Die Gesellschaft hinterfragt sie kaum – und so bleiben ungleiche Machtverhältnisse bestehen.
Gailey spricht zudem vom Phänomen der Hyper(un)sichtbarkeit. Demnach sind dicke Menschen einerseits permanent sichtbar: Ihre Körper werden ständig als Problem dargestellt, das behoben werden müsse. Gehe es aber um sie selbst als Person oder um ihre Bedürfnisse, würden sie unsichtbar. Was das in Arztpraxen und Kliniken bedeutet, das zeigen dir die Beispiele im nächsten Abschnitt.
“Ich fürchte mich davor, zum Arzt zu gehen.”
Um ihre Thesen zu prüfen, hat Gailey mit 74 dicken US-amerikanischen Frauen gesprochen. Dabei ging es unter anderem über ihre Erfahrungen mit Ärzt*innen. Ich habe einige Zitate übersetzt:
“Ich fürchte mich davor, zum Arzt zu gehen. [...] Ich bin Vegetarierin. Ich gehe ins Fitnessstudio. Mein Blutdruck ist etwas erhöht, aber das ist vererbt. Alles andere ist perfekt. Also warum gehst du [mit meinem Gewicht] auf mich los?”
“Nach der Geburt eines meiner Kinder, kam ein Arzt rein und meinte ohne Hallo zu sagen nur: ‘Sie wissen, dass Sie zu fett für die Antibabypille sind, oder? Bei Ihrem Gewicht ist die nicht effektiv.’ Wer sagt so etwas zu einer Frau, die gerade ein Kind geboren hat?”
“Sie lassen dich nicht aus dem Bett. Stattdessen bekommst du einen Katheter. Sie versuchen, dich im Bett zu waschen. Ich habe Dinge zu hören bekommen wie: ‘Können Sie Ihren Bauch anheben?’ – und dabei verzieht sie ihren Mund. Ich weine und denke mir: Lass den Schwamm einfach da. Lass mich das machen. Ich genieße das hier auch nicht.”
“Ich hatte ein Blutgerinnsel. Es brauchte erst eine Onkologin, [um das festzustellen]. Ich hatte meine Ärztin zwar darauf hingewiesen. Aber sie schieben so viel auf das Gewicht. Ich glaube nicht, dass sie das, was du ihnen sagst, überhaupt in Betracht ziehen.”
Wie fettfeindlich sind deutsche Arztpraxen?
Im deutschsprachigen Raum ist die Studienlage rund um das Leben dicker Menschen verhältnismäßig klein. Meine Suche nach Antworten auf die Frage, wie dicke Menschen in deutschen Arztpraxen und Kliniken behandelt werden, lief schleppend. Die meisten Erkenntnisse habe ich aus dem Artikel Stigmatisierung und Diskriminierung von Patient*innen mit Adipositas von Claudia Luck-Sikorski und Marie Bernard gewonnen. Das sind sie:
- Stigmatisierung ist gefährlich: Sie geht mit einer erhöhten Prävalenz psychischer Erkrankungen einher.- Gewichtsdiskriminierung ist ein Symptom sozialer Ungleichheit: Menschen, die sozio-ökonomisch benachteiligt sind, sind häufiger davon betroffen.
- Arztpraxen sind Orte der Gewichtsdiskriminierung: Bei einer repräsentativen Befragung von 500 Frauen mit Adipositas im Jahr 2018 gab etwa ein Drittel an, Diskriminierung erlebt zu haben. Vor allem orthopädische Praxen wurden als Orte der Diskriminierung wahrgenommen, aber auch Gynäkologinnen und Hausärztinnen.
- Psychotherapeut*innen haben Vorurteile: In einer qualitativen Studie haben dicke Patient*innen psychotherapeutischer Praxen berichtet, dort Mikroaggressionen zu erleben. Dazu gehörte, dass die Behandelnden viel über das Gewicht ihrer Patient*innen reden wollten, wenig Interesse an ihnen zeigten oder dass die Sitzmöglichkeiten nicht für dicke Menschen geeignet waren.
Dicke Menschen als “krank” zu markieren muss scheitern
“Stigma gegen dicke Menschen durchdringt die Gesundheitsversorgung auf allen Ebenen. Versuche, dem zu begegnen, haben kaum Ergebnisse.”
An diesem Ausgangspunkt hat ein Team kalifornischer Wissenschaftlerinnen um Rachel Fox die Suche nach einem Ansatz, Gewichtsdiskriminierung in der Medizin zu senken, gestartet. Viele Interventionen drehen sich ihnen zufolge um Vorurteile oder Empathie – ohne Erfolg. Versuche, bei denen Menschen sich durch einen Fat Suit in dicke Personen hineinversetzen sollten, hätten zum Teil sogar zu mehr Vorurteilen geführt.
Fox und ihr Team setzen deshalb an einem Hebel an, der Gaileys Auffassung von Fettfeindlichkeit entspricht: Macht. Gewichtsdiskriminierung ist ihnen zufolge maßgeblich durch medizinische Autorität geprägt: Mediziner*innen und medizinische Diskurse haben die Macht, Menschen als Abweichungen von der Norm zu markieren.
Das geschieht laut den Wissenschaftlerinnen bei Pathologisierung in drei Schritten:
- Diagnostizieren: Eine Person erhält eine Diagnose, in diesem Fall “dick”, mit der Krankheitszuschreibungen einhergehen.
- Entmenschlichen: Die Person wird auf die Diagnose reduziert und mit einem klinischen Blick betrachtet. Eigenschaften, die Ärzt*innen mit dem Dicksein verbinden, werden stärker wahrgenommen als andere Eigenschaften, die die Person ausmachen.
- Intervenieren: Schließlich wird alles, was die Person ausmacht und was sie tut, mit dem Auftrag verbunden, Gewicht zu verlieren.
Die Schlussfolgerung: Gewichtsstigma beruht strukturell auf medizinischer Autorität. Gewichtsdiskriminierung kann nur überwunden werden, wenn Dicksein nicht mehr pathologisiert wird.
Vor diesem Hintergrund haben die Wissenschaftlerinnen eine neue Methode entwickelt, um Gewichtsdiskriminierung in der Medizin entgegenzuwirken: Eine Mischung aus direktem Kontakt und narrativer Medizin. In einem Pilotversuch haben sie über fünf Wochen regelmäßige Workshops mit vier Medizinstudierenden und zwei Fettaktivist*innen organisiert. Die Teilnehmer*innen haben in jedem Workshop zwei Stunden lang Texte gelesen, geschrieben und gemeinsam diskutiert. Dabei ging es zum Beispiel darum, Erlebnisse von Fettfeindlichkeit im Gesundheitswesen zu beschreiben.
Fox und ihr Team berichten, die Transkripte hätten am Ende gezeigt, dass die Workshops Pathologisierung und Stigmatisierung verringert haben. Sie hätten Raum für Empathie und eine menschliche, persönliche Komponente geboten. Vor allem habe das Konzept die Machtverhältnisse ausgeglichen, indem Fettaktivistinnen Expertinnen ihrer eigenen Körper waren und die Mediziner*innen nicht in der Autoritätsposition.
Die Wissenschaftlerinnen stellen fest: Nicht-pathologisierende Ansätze können Gewichtsstigmatisierung entgegenwirken. Sie sind nicht nur machbar, sondern ethisch und methodisch notwendig. Für effektive Interventionen gibt es drei Bedingungen:
- Sie sollten gemeinsam mit Personen aus der stigmatisierten Gruppe umgesetzt werden.
- Die Personen der stigmatisierten Gruppe sollten von der Teilnahme profitieren.
- Erkenntnisse daraus sollten für die stigmatisierten Menschen zugänglich sein.
Fünf Tipps für eine gewichtsinklusive Gesundheitspolitik
Wie sieht effektive und nicht-stigmatisierende Gesundheitspolitik rund um das Thema Gewicht aus? Um das zu beantworten, hat ein Team der Monash University im australischen Melbourne um Briony Hill Studien 47 Studien aus der ganzen Welt ausgewertet. Das haben sie in ihrem Review herausgefunden:
- Wenn Übergewicht als gesellschaftliches, nicht als individuelles Problem angesehen wird, ist die Chance höher, dass Gesundheitsleitlinien dicke Menschen schützen und ihnen Zugang zu Prävention und Behandlung ermöglichen.
- Es gibt Hinweise darauf, dass, wer glaubt, dass Menschen an ihrem Gewicht selbst Schuld seien, auch eher strafende Maßnahmen befürwortet. Dazu gehören zum Beispiel höhere Steuern oder Krankenkassenbeiträge für dicke Menschen.
- Auch Gesundheitspolitik, die Kontextfaktoren als Ursachen für Übergewicht sieht, kann stigmatisierend wirken, wenn die Verantwortlichen nicht darauf achten, Leitlinien und Strategien entstigmatisierend zu formulieren.
- Gesundheitspolitik rund um Gewicht muss berücksichtigen, wie ungleich sämtliche (Gesundheits-)Chancen verteilt sind und dass nicht alle Menschen die gleichen Möglichkeiten für einen gesunden Lebensstil haben.
- Gesundheitspolitik muss fest verankerte Mechanismen und Strukturen von Ungleichheit berücksichtigen. Dazu gehört zum Beispiel Rassismus.
Aktuelles
Was du sonst noch wissen musst
- “Ohne Hilfe und Therapie hätte Martin das nicht in den Griff bekommen. Das schwerste war es aber, sich überhaupt erstmal Hilfe zu suchen.” “Das” ist Martins Magersucht. Essstörungen gelten in unserer Gesellschaft als “Frauenkrankheiten” – und als Tabu, wenn (cis) Männer daran erkranken. Tim Schrankel spricht für das Y-Kollektiv mit Betroffenen.
- Wenn du zu den Psycholog*innen, Mediziner*innen oder Biolog*innen unserer Community gehörst (oder bald dazugehören wirst), weißt du bestimmt mindestens ein bisschen was übers menschliche Gehirn. Falls nicht – oder wenn du einfach gerne mehr über unser Gehirn erfahren willst – empfehlen wir dir den neuen Newsletter von Bent Freiwald. Das Leben des Brain erklärt dir jeden Freitag, warum wir denken, wie wir denken.
- Wie lange warten Menschen in Deutschland auf einen Termin für eine Psychotherapie? Weit länger als Krankenkassen glauben, zeigt eine Datenrecherche des rbb kannst du es selbst testen.
- Mustafa Bico ist in Syrien geboren und mit zwei Jahren an Kinderlähmung erkrankt. Heute ist er erwachsen, lebt in Sachsen-Anhalt und hat eine Gehbehinderung. Behindertenfeindlichkeit, Rassismus, Sprachbarrieren und Bürokratie haben es Bico schwer gemacht, in Deutschland anzukommen. Heute berät er selbst Menschen beim Verein Migration und Inklusion in Sachsen-Anhalt. Daniel Tautz berichtet beim MDR von der Arbeit des Vereins.
- In Hollywood, in der Musikbranche, in der Politik: Unter dem Hashtag #MeToo sind Sexismus und sexuelle Übergriffe in unterschiedlichen bereichen der Gesellschaft aufgedeckt worden. Im Gesundheitssystem bleibt es ruhig. Dabei wäre die Debatte dringend nötig, schreibt Gilda Sahebi in der taz.
Ausblick
Halbzeit! Unsere Newsletter-Reihe zu Körper und Gewicht hat vier Teile. In den ersten zwei Ausgaben haben wir gefragt, wie ungleich unsere Körper behandelt werden, je nachdem, wie viel sie wiegen. In den kommenden beiden geht es darum, wie es besser geht. Natalie Rosenke hat mir auf diese Frage schon einige Antworten gegeben.
Jetzt wollen wir genauer schauen: Welche Ansätze gibt es, um Fettfeindlichkeit in der Medizin zu begegnen? Was muss sich im Gesundheitssystem ändern, damit alle Menschen gleich gut behandelt werden? Setzen diejenigen, die dafür verantwortlich sind, sich überhaupt genug ein?
Dafür brauchen wir deine Hilfe: Wem sollten wir mal genauer auf die Finger schauen? Weißt du von Projekte und Initiativen, die sich gegen Dickenfeindlichkeit einsetzen, von denen die anderen Upstream-Leser*innen unbedingt erfahren sollten? Schreib uns eine E-Mail.
Halbzeit bedeutet auch, dass wir in neun Wochen mit einer neuen Reihe starten. Worum es dabei gehen soll, das brainstormen wir grad. Wenn du ganz genau weißt, worüber du ab August mehr erfahren möchtest, gib uns einen Tipp! Du kannst einfach auf diese Mail antworten, uns auf Instagram eine Nachricht schicken oder uns auf Twitter anzwitschern.
Anhang
Transparenz
Rund um medizinische Themen sind Transparenz und Vertrauen wichtig. Darum stellen wir am Ende jeder Ausgabe unsere Quellen vollständig dar. Auf der Website ist unser journalistisches Selbstverständnis festgehalten.
Wir empfehlen in dieser Ausgabe einen Beitrag des MDR Sachsen-Anhalt, bei dem Maren ebenfalls freie Mitarbeiterin ist.
Quellen
- Fox, R., Park, K., Hildebrand-Chupp, R., Vo, A.T. (2020): Working toward eradicating weight stigma by combating pathologization: A qualitative pilot study using direct contact and narrative medicine. J Appl Soc Psychol. 2020; 00: 1– 14. https://doi.org/10.1111/jasp.12717
- Gailey, J. A. (2021): The Violence of Fat Hatred in the “Obesity Epidemic” Discourse. Humanity & Society. 2022;46(2):359-380. doi:10.1177/0160597621995501
- Hilbert, A., Rief, W., Braehler, E. (2008): Stigmatizing Attitudes Toward Obesity in a Representative Population-based Sample. Obesity, 16: 1529-1534. https://doi.org/10.1038/oby.2008.263
- Hill, B., Bergmeier, H., Incollingo Rodriguez, A. C., et al. (2021): Weight stigma and obesity-related policies: A systematic review of the state of the literature. Obesity Reviews. 2021; 22( 11):e13333. https://doi.org/10.1111/obr.13333
- Luck-Sikorski, C., Bernard, M. (2021): Stigmatisierung und Diskriminierung von Patient*innen mit Adipositas. Psychotherapeut 66, 28–34 (2021). https://doi.org/10.1007/s00278-020-00475-1
- Prohaska, A., Gailey, J. A. (2019): Theorizing fat oppression: Intersectional approaches and methodological innovations, Fat Studies, 8:1, 1-9, doi:10.1080/21604851.2019.1534469
- Sikorski, C., Luppa, M., Kaiser, M. et al. (2011): The stigma of obesity in the general public and its implications for public health - a systematic review. BMC Public Health 11, 661 (2011). https://doi.org/10.1186/1471-2458-11-661